Schlüsselfertig bauen – Vorteile & Nachteile
Ob man schlüsselfertig bauen oder möglichst viel Eigenleistung erbringen will, ist vor allen Dingen eine Geldfrage. Bei der schlüsselfertigen Immobilie kauft der Hausherr ein Komplettpaket, bei dem der Bauträger alle Koordinierungen der diversen Gewerke übernimmt und in eigener Regie Handwerksbetriebe mit der Durchführung einzelner Bauabschnitte beauftragt.
Gleichzeitig kontrolliert der Bauträger auch die Fortschritte des Baus, so dass der Bauherr selbst kaum Aufwand mit dem Bau des künftigen Eigenheims zu tun hat. Erst, wenn alles soweit erledigt und die Immobilie wirklich schlüsselfertig ist, kommt dieser wieder ins Spiel und übernimmt das schlüsselfertige Objekt.
Das klingt alles unkompliziert und einfach – ist es auch. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Eigentümer tiefer für das schlüsselfertige Bauen in die Tasche greifen muss. Der Bauträger lässt sich seine zusätzlichen Arbeiten schließlich bezahlen. Verständlich, das Häuslebauer abwägen, welche Vorteile und Nachteile sich ergeben, wenn man schlüsselfertig bauen will oder über die Alternative nachdenkt, den Bau des Eigenheims selbst zu koordinieren und möglichst viel Eigenleistung einzubringen.
Die Nachteile des schlüsselfertigen Bauens
Angesichts der geringen Nachteile beim schlüsselfertigen Bauen, beginnen wir mit den negativen Punkten. Die lassen sich schnell zusammenfassen:
- höhere Baukosten
- weniger Individualität
Die Vorteile des schlüsselfertigen Bauens
Die Liste der Vorteile ist umfangreich und verdeutlicht nicht nur die Gründe, warum das Fertighaus nicht die schlechteste Wahl ist, sondern sie zeigt insbesondere diverse Risiken auf, wenn Bauherren sich selbst um den Bau des Eigenheims kümmern wollen.
Baukosten stehen frühzeitig fest
Bauherren, die sich für ein schlüsselfertiges Eigenheim entscheiden haben einen gravierenden Vorteil: Sie haben in einer sehr frühen Planungsphase eine sehr genaue Kostenübersicht, die Baukosten sowie Baunebenkosten einschließt.
Durchaus kann in dieser Phase noch umüberlegt werden, ob das Fertighaus die richtige Lösung ist. Rechenbeispiele sind erlaubt; müssen jedoch wirklich alle Kosten einschließen, was Häuslebauer häufig nicht tun. So wird die nicht-schlüsselfertige Immobilie letztlich doch oft teurer als das Fertighaus.
Zeitfresser: Koordinierung Handwerker
Während Bauträger tagtäglich damit beschäftigt sind, Bauvorhaben zu realisieren, Fachfirmen zu beauftragen, die Gewerke abzustimmen und die Arbeit der Handwerker zu kontrollieren, wirkt der Bauherr daneben gänzlich unerfahren und oft auch hilflos. Schließlich baut man nicht alle Tage. Leicht kann es zu Planungs- und Abstimmungsfehlern sowie Bauverzögerungen kommen.
Lesetipp für Bauherren: Digitale Bauakte für Bauprojekte
Hinzu bedeutet alles Organisatorische rund um den Bau einen immensen Zeitaufwand, den man als Bauherr erst einmal über Monate hinweg stemmen können muss.
Der künftige Hausbesitzer geht vermutlich einer hauptberuflichen Tätigkeit nach und die Familie sollte während der Bauphase nicht zu kurz kommen. Nicht selten zerbrechen Ehen während dem Bauen. Faktisch bleibt kaum Zeit, sich hinreichend mit dem Bauprojekt zu beschäftigen, der Familie gerecht zu werden und nicht am Burnout zusammenzubrechen.
Entschließt man sich, den Bau des Eigenheims einem Bauträger bzw. Bauunternehmer zu überlassen und erst nach Fertigstellung des Baus das fertige Gebäude zu kaufen, hat man als Käufer nur einen Ansprechpartner – und deutlich weniger Stress!
Papierkram & Behördentermine
Wer baut, hat jede Menge Papierkram und es sind zahlreiche Gänge zu Behörden sowie weitere Termine notwendig. In Eigenregie bauen bedeutet, dass man diese erforderlichen Wege und Termine allesamt selbst in Angriff nehmen muss.
Die meisten Termine sind tagsüber und lassen sich kaum mit den beruflichen Verpflichtungen in Einklang bringen, so dass kostbare Urlaubstage in Anspruch genommen werden müssen. Insofern man dann auch noch die Urlaubstage braucht, weil man in Eigenleistung bauen will, merkt man deutlich, dass die Urlaubstage schneller aufgebraucht sind, als man dachte und sich dadurch das Vorankommen beim Bauen drastisch verlangsamt.
Auch, wenn man schlüsselfertig bauen lässt, gibt es notwendige Behördengänge, Termine und organisatorische Notwendigkeiten. Allerdings sind dies nicht ganz so viele, da der Bauträger einen Großteil der notwendigen Termine und Behördengänge erledigt.
Außerdem nehmen die meisten Bauträger Rücksicht auf die beruflichen Verpflichtungen der Hausbauer und bieten notwendige gemeinsame Termine nach Feierabend oder am Samstag an.
Problematik Bauüberwachung
Soll vernünftig gebaut werden, setzt dies voraus, dass am Bau ein Ansprechpartner zugegen ist, der über hinreichend Fachwissen verfügt, den Handwerkern über die Schultern zu schauen und Fehler bzw. Baupfusch zu erkennen.
Es genügt nicht, lediglich am Abend nach Feierabend auf der Baustelle vorbeizuschauen – denn dann haben die Handwerker Feierabend. Im Zweifelsfalls muss ein Baugutachter hinzugezogen werden.
Ein Kostenfaktor, der vorher wahrscheinlich nicht abzusehen war und das vermeintlich günstige Bauvorhaben nun verteuert. Noch schlimmer sind nicht bemerkte Baufehler, die sich erst nach Jahren bemerkbar machen.
Bauarbeiten in Eigenregie – reduziert das wirklich die Baukosten?
Jein! Selbstverständlich wirkt es zunächst lukrativ, wenn man so viele Bauarbeiten wie möglich aus dem Baupreis ausgliedert, weil man als Bauherr möglichst viel in Eigenleistung erbringen will. Ein paar hundert Euro hier, ein paar Tausend Euro da. Die Gefahr, übermütig eine Milchmädchenrechnung aufzumachen, liegt sehr nahe.
Werden Handwerkerkosten aus den Baukosten gestrichen, werden auch die Baumaterialien aus den Baukosten exkludiert. Umso mehr “spart” der Bauherr, wenn er statt schlüsselfertigem Bauen auf maximal viel Eigenleistung setzt. Allerdings streicht der Bauträger fast nur Baumaterialien, welche für die Eigenleistungen benötigt werden und der Bauträger reduziert kaum Lohnkosten.
Daher bezieht sich die vermeintliche Ersparnis fast nur auf das Baumaterial, das der Eigenleister jedoch selbst kaufen muss. Faktisch lässt sich an erforderlichen Baumaterialien nichts sparen und wer sich selbst überschätzt und sich zu viel Eigenleistung zumutet, kann schnell an die eigenen Grenzen kommen und nimmt umkalkulierbare Risiken in Kauf.
- Hobby-Handwerker brauchen wesentlich länger, um ein komplettes Haus zu bearbeiten.
- Während der Fachbetrieb in wenigen Tagen problemlos den gesamten Neubau fliest, verfugt, tapeziert, streicht usw., braucht der Bauherr dafür Wochen und Monate.
- Die angesparten Urlaubstage sind schneller aufgebraucht, als man dachte. Vielleicht wird der Bauherr zwischendrin krank, alles verzögert sich. Bei einem Unfall kann sogar der Baustop eintreten.
- Der geplante Umzugstermin kann nicht gehalten werden; stattdessen muss die Mietwohnung noch mehrere Monate länger bewohnt und auch bezahlt werden.
- Der unerfahrene Bauherr hat deutlich höheren Materialverschleiß, was ebenfalls die Baukosten in die Höhe treibt.
- Bauherren müssen erforderliche Baumaschinen und Werkzeuge erst anschaffen oder ausleihen – auch das verursacht Mehrkosten.
Eigenleistung: Problematisch, wenn Schäden an der Bausubstanz auftreten
Wenn Sie schlüsselfertig bauen lassen, liegt die vollständige Verantwortung für die Bausubstanz beim Bauträger und den von ihm beauftragten Handwerksbetrieben. Anderenfalls verwirken Sie die Garantie. Treten in den Bauabschnitten Schäden auf oder gibt es nach Baufertigstellung Mängel zu beklagen, ist es ein Leichtes, den Bauträger in die Haftung zu nehmen.
Anders sieht es aus, wenn zum Beispiel Risse im Gemäuer auftreten und der Bauherr selbst verputzt oder die Fliesen gelegt hat. Bauträger und Fachfirmen weisen gerne die Schuld von sich und schieben nicht selten die Verantwortung für die Mängel am Bau dem Bauherren und dessen Eigenleistung in die Schuhe.
Dies ist häufig das schlagende Argument für Bauherren, sich gegen Eigenleistung zu entscheiden. In vielen Fällen gelingt es Bauherren zwar, durch Baugutachten die Schuldfrage zu klären, doch bis dahin wird weiteres Geld verschlungen, dass die Finanzen des Hausbauers zusätzlich belastet.
Eigenleistungen – was ist möglich, um zu sparen?
Generell sind künftige Eigenheimbesitzer gut beraten, weitestgehend auf Eigenleistung zu verzichten, da die Risiken nur bedingt überschaubar sind und es bis zur Fertigstellung fraglich bleibt, ob wirklich durch das Anpacken des Hausbesitzers Baukosten gesenkt werden können. Insofern unbedingt in Eigenregie Bauarbeiten übernommen werden sollen, sollten sich diese keinesfalls auf Arbeiten an der Bausubstanz beziehen.
Gegen Tapezieren und Streichen ist nichts einzuwenden, doch bereits das Verlegen von Fliesen sollte einzig einem Fachbetrieb überlassen bleiben, der entweder ordentlich fliest oder im Zweifelsfall für die Ausbesserung von Mängeln aufkommt.
Soll im Haus nur teilweise gefliest werden, während andere Zimmer mit Teppichboden ausgelegt werden oder Laminat verlegt werden soll, spricht auch hier nichts dagegen, diese Arbeiten in selbst zu übernehmen, da sie nichts mit der Bausubstanz an sich haben.
Dennoch sollten solche handwerklichen Arbeiten nur dann übernommen werden, wenn die notwendige Zeit vorhanden ist und man über ausreichend handwerkliche Fähigkeiten verfügt, damit am Ende das Ergebnis ordentlich ist.
Völlig entspannt in das schlüsselfertige Haus einziehen
Vollkommen auf der sicheren Seite ist der künftige Hausbesitzer, wenn der Bauträger das Haus fix und fertig baut, dieser den Neubau als mängelfrei abnimmt und der Hausbesitzer erst nach Abschluss aller Bauarbeiten sowie der Bauabnahme das schlüsselfertige Haus vom Bauträger übernimmt. Ist das Haus dann auch noch vor der Übergabe tapeziert, gestrichen und gefliest worden, gibt es für den Hausbesitzer – außer dem Umzug in das neue Heim – nichts mehr zu tun.
Per Bauträgervertrag sind die Zahlungsmodalitäten vereinbart und das Gebäude wechselt zum vorher vereinbarten Fixpreis den Besitzer. Üblich ist die Bezahlung nach Baufortschritt. Der Bauträger koordiniert die einzelnen Bauabschnitte und je nach Vereinbarung wird nach Fertigstellung bestimmter Bauabschnitte ein Teilbetrag vom Bauherrn an den Bauträger bezahlt.
Etwaige Baumängel, Bauverzögerungen innerhalb eines Bauabschnitts usw. sind daher Probleme, mit denen sich ganz alleine der Bauträger herum zu schlagen hat. Dies gilt auch für nicht zeitgerechte Fertigstellung der schlüsselfertigen Immobilie. Bauherren können dann etwaige Mehrkosten für den längeren Verbleibt in der Mietwohnung direkt vom restlichen Kaufpreis abziehen.
Geld sparen beim Einzug ins Eigenheim
Der Umzug ins eigene Haus kann vom Besitzer selbst durchgeführt werden. Aber auch hier gilt zu berücksichtigen, dass beim Umzug vieles schief gehen kann. Beispielsweise sind Wertgegenstände, teure Möbel und Elektrogeräte nicht versichert, wenn sie beim Umzug zu Schaden kommen. Ratsam ist daher, eine Umzugsfirma zu beauftragen.
Hierbei zahlt sich aus, wenn der Einzugstermin frühzeitig bekannt ist. Denn so bleibt genug Zeit, Kostenvoranschläge für den Umzug ins Eigenheim einzuholen und zwischen verschiedenen Umzugsspeditionen zu vergleichen.
Unser Ratgeber: Günstig umziehen
Ist der Umzugstermin nicht bekannt, so dass kurzfristig umgezogen werden muss, fallen die Umzugskosten in der Regel höher aus. Im schlimmsten Fall muss der bereits terminierte Umzug abgesagt werden und an das Umzugsunternehmen Schadensersatz entrichtet werden. Dieser Aspekt sollte also ebenfalls bedacht werden, ob man schlüsselfertig bauen oder sich selbst um den Hausbau kümmern will
Fazit: Schlüsselfertig bauen hat mehr Vorteile als Nachteile
Zusammenfasst bleibt nur zu sagen: Eigenleistungen zu erbringen ist löblich, jedoch in vielen Fällen nicht dazu geeignet, tatsächlich die Baukosten und Baunebenkosten spürbar zu senken. Demgegenüber stehen unkalkulierbare Risiken:
- Verteuerung der Baukosten
- vom Bauherrn verursachte Bauschäden
- Garantieverlust durch Eigenleistungen
- Risiko, während den Bauarbeiten zu verunglücken
- Verzögerung des Fertigstellungstermins
Letztlich ergeht selbst durch minimale Eigenleistung eine hohe Verantwortung auf den Eigenleister über, die nur äußerst selten mit einer möglichen Senkung des Baupreises in gesundem Verhältnis steht.
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